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Wann wirkt Feedback?

Leistungssport ist geprägt von Feedback. Die Athleten erhalten laufend Rückmeldungen und müssen versuchen diese zu verarbeiten, um besser zu werden.
Einige Reflexionen nach einem Tag auf der Piste. Und Impulse für einen Transfer in andere Lebensbereiche.

Ein Montag Morgen im Jänner. Ich begleite die beiden Trainer des Jugendkaders mit der ersten Gondel ins Schigebiet. Da die anderen Bahnen noch nicht in Betrieb sind, werden wir samt Torstangen und Zeitnehmung mit dem SkiDoo ganz nach oben gebracht. Der Hang präsentiert sich in einem ausgezeichneten Zustand. Zur harten Piste kommt noch der wolkenlose Himmel. Es kündigt sich wieder ein Trainingstag mit besten Bedingungen an.

Nachdem die acht Athleten jeweils zwei Trainingsläufe absolviert haben, tausche ich mit einem der Trainer meine Eindrücke aus. Ein Punkt ist mir besonders aufgefallen: Der Zeitpunkt für das Feedback an die Sportler.
Da die beiden Trainer verteilt am Hang stehen, um die Strecke freizugeben und Videoaufnahmen zu machen, erhalten die Läufer die Rückmeldung auf ihre Fahrten immer erst unmittelbar vor dem Start zum nächsten Trainingslauf. Per Funk. Dabei, so mein Eindruck, können einige der Rückmeldungen aufgrund der Kurzfristigkeit nicht mehr so verarbeitet werden, dass sie auch wirklich umgesetzt werden können. Zumindest besteht öfters der Eindruck, als würde das Feedback nicht sehr intensiv umgesetzt.

Wir beschließen daher, dass ich mich in den Zielraum begebe, und dort den Athleten anbiete, dass sie per Funk eine unmittelbare Rückmeldung von den an der Strecke stehenden Trainern erhalten. Zudem bietet mir das die Möglichkeit zu kleinen Interaktionen wie Motivation, Zuhören und Spaß.

Am Ende des Trainings habe ich die Sportler gefragt, wann für sie der bessere Zeitpunkt für das Feedback ist. Es gab ein ganz klares Votum: Unmittelbar nach dem Ende des Trainingslaufs. Denn da sei der Eindruck noch ganz frisch. Und, so eine Aussage, da könne sich der Trainer wohl auch noch besser erinnern, weil man ja gerade bei ihm vorbeigefahren ist. Zudem haben man beim unmittelbaren Feedback die Möglichkeit diese am Lift zu verarbeiten und mehr Chance, das bei der nächsten Fahrt umzusetzen. Ein Aspekt, der zwar nicht ausgesprochen, aber bei den Läufern beim Feedback unmittelbar nach dem Lauf immer spürbar war, ist die starke Emotion. Der Puls ist hoch, und die vielen Eindrücke aus dem Lauf wirken noch nach. Manches können die Athleten noch nicht in Worte fassen, aber das Gefühl ist sehr präsent. Und durch die größere Offenheit werden die Rückmeldungen der Trainer, so der Eindruck, mit mehr Sinnen aufgenommen.

 

Also warum macht man das denn nicht einfach immer so?

Nun, dies ist in vielen Fällen rein organisatorisch nicht möglich. Denn es gibt eine Menge von Faktoren, die für das üblicherweise praktizierte System sprechen: Die Freigabe der Strecke von jemandem, der den Hang einsieht (Sicherheit), Videoaufnahmen zur späteren Analyse und Dokumentation müssen gemacht werden, die Zahl der einsetzbaren Trainer ist begrenzt, die zeitliche Verfügbarkeit der Strecke ist limitiert (idR kann der Hang nur für eine begrenzte Zeit abgesperrt werden kann, daher werden die Trainingsläufe eng getaktet durchgezogen), usw.

Andererseits kann man hinterfragen, ob nicht ein bisschen mehr Zeit für gezielte Rückmeldungen an die Läufer den Ausfall einer Trainingsfahrt pro Sportler rechtfertigen würde. Dies würde den Läufern auch die Bedeutung der Rückmeldung und die Wichtigkeit der Reflexion (einschließlich der dafür notwendigen Zeit) verdeutlichen. Und die Trainingsläufe könnten wahrscheinlich an Qualität gewinnen, wenn auch ein bisschen zu Lasten der Quantität.

Der Transfer in andere Lebensbereiche

Leistungssport bietet immer wieder die Möglichkeit, bestimmte Themen aus dem Leben in verdichteter Form zu erleben und zu reflektieren. Hier ein paar Überlegungen, wie die Beobachtungen von Sportlern für den Alltag von Führungskräften übersetzt werden können.

Für die Arbeit von Führungkräften ist Feedback ein wichtiges Führungsinstrument. Dementsprechend viel wurde auch über das WIE und das WAS geschrieben. Hier einige Denkanstösse zum WANN:

  • In welcher Rolle sieht sich die Führungskraft? Agiert sie als Coach, der dem Mitarbeiter zu besseren Leistungen verhilft?
  • Wann und wie gibt sie Feedback? Ist das Feedback zu einem Zeitpunkt, an dem der Mitarbeiter noch unmittelbaren Bezug zum Ereignis hat? Oder ist dies so weit weg, dass kaum mehr Erinnerung an die Situation hergestellt werden kann?
  • Welche Möglichkeit hat der Mitarbeiter, um das erhaltene Feedback in sein Tun einzuarbeiten? Gibt es frei verfügbare Zeiträume, in denen die Reflexion und das Ausprobieren Platz haben?
  • Und wie stellt die Führungskraft sicher, dass sich ihr Feedback mit den Zielen des Mitarbeiters (beim Sportler ist dies eine sehr gute Leistung zu erbringen) deckt? Woran erkennt die Führungskraft, dass das Feedback für den Mitarbeiter wirklich einen Mehrwert hat?
  • Und, last but not least: Wann reflektiert die Führungskraft über ihren "Hang"? Wo steht sie? Und welche Aspekte hat sie nach oben gereiht, ohne seit längerem intensiver darüber nachgedacht zu haben?